05 Port Napoleon

Fahrtenvorbereitung

im Port Napoleon

 

14 Tage - 0 Kilometer - 100 % Stress

Port-Saint-Louis & Arles

Das wochenlange Motoren und schalten in den Kanälen hat nicht nur uns zu schaffen gemacht, sondern leider auch unserem Getriebe. Gleich nachdem wir den Mast in unserem ersten Hafen im Mittelmeer abgeladen haben, hat unser Vorwärtsgang nicht mehr funktioniert.

 

Da wir bekanntlich zwei linke Hände haben waren wir nicht im Stande, das Problem alleine zu lösen. So kam es, dass wir nach einer kostengünstigen Lösung suchten.

 

Wir verbrachte Stunden über Stunden im Internet und in sämtlichen Foren um unserem Vorwärtsgang Problem auf den Grund zu gehen und waren uns nach zwei Tagen und sämtlichen Tipps und Eigenversuchen ziemlich sicher, dass die Kupplung in unserem Getriebe den Geist aufgegeben hat.

 

Um auf Nummer sicher zu gehen haben wir dann versucht einen Mechaniker hinzuzuziehen. Gleich im Hafen von Port Napoleon gab es sämtliche Werkstätten, welche auch einen Blick auf unseren Motor inklusive Getriebe geworfen haben. Als wir die Kostenvoranschläge in der Hand hielten war uns klar, dass wir eine andere Lösung brauchten. Neben utopischen Preisen für ein Ersatzgetriebe wurden über 15 Stunden zu je 60 € für die Montage veranschlagt.

 

Da eine solche Reparatur unsere Bordkasse sprengen würde mussten wir eine andere Lösung finden. So hieß es bei 35 Grad zum nächsten Hafen, zur nächsten Stadt und zum nächsten Teilehändler zu laufen. Leider war auch dies ohne Erfolg, da neben den sprachlichen Herausforderungen die verschiedenen Mechaniker mit dem halben Verrechnungssatz nicht auf das Hafengelände zum reparieren kommen durften.

 

Zwischenzeitlich ist George, der Erbauer von unserem Schiff, aus der Schweiz eingetroffen um uns eigentlich beim Mast stellen zu unterstützen. Unsere Priorität lag jedoch voll und ganz darauf, ein Getriebe zu besorgen. Es hat circa 5 Stunden gedauert um bei allen Lieferanten im Umkreis von 800 Kilometern anzurufen und nach einem Ersatzgetriebe zu fragen. Die durchschnittlichen Lieferzeiten betrugen zwischen vier und sechs Wochen. Das mussten wir erstmal sacken lassen.

 

Die beste Antwort hatten wir von dem Anrufbeantworter des örtlichen Nanni Händler welcher uns mitteilte, dass wir doch bitte um 12:30 Uhr in fünf Wochen nochmal anrufen sollten, da momentan Ferienzeit ist.

 

Schlussendlich haben wir einen sehr kompetenten Händler yachtzubehoer24.eu aus Heiligenhafen ausfindig gemacht, welcher uns ein Ersatzgetriebe innerhalb von 7 Tagen schicken konnte. Einen Tag nach der Bestellung haben wir bereits eine Trackingnummer erhalten und noch einen Tag später war unser Getriebe bereits in Frankreich. Dort hing es leider fünf Tage in einem Verteilzentrum fest, bis wir es schlussendlich in unseren Händen halten durften.

 

Ein Getriebe hatten wir nun, nur leider keinen Plan wie wir es einbauen sollten. Die Schwierigkeit bestand darin, dass die Getriebeausgangswelle 72 mm aus dem Motor gezogen werden musste, jedoch am anderen Ende direkt an der Welle angeflanscht ist. Sollten wir bei dem Versuch die Welle aus dem Motor zu ziehen die Stopbuchse (da geht die Welle vom Motor durch das Schiff) verletzen, würde unser Schiff undicht werden und nach und nach absaufen.

 

Wir liefen also durch den Hafen und suchten einen fähigen Mechaniker, welcher sich mit der Materie auskennt und uns helfen würde. George konnte uns dabei super unterstrützen, da er sich nicht nur hervorragend mit Schiffen auskennt, sondern neben dem auch noch sieben Sprachen fließend spricht. Nach ein paar Sparziergängen und Tipps von anderen Seglern sind wir auf einen wunderbaren Menschen Namens Jean-Noel aufmerksam geworden, welcher gerade damit beschäftigt war sich eine Chromstahl Windsteueranlage selbst zu schweißen. Nach fünf Minuten Smalltalk war klar, dass dieser unser Getriebe für uns einbauen wird.

 

Was hier in fünf Minuten beschrieben ist hat sich über zwei Wochen hingezogen und unsere Nerven regelrecht aufgefressen. Zwischenzeitlich ist auch schon Karl-Heinz eingetroffen um mit uns seine Segelerfahrung zu teilen - leider ist dies ohne funktionierendes Segelschiff nur bedingt möglich.

 

Als wir das größte Stimmungstief hatten wurden wir von Peter, unserem Stegnachbarn mit seiner selbstgebauten Reinke S11 zum Segeln mitgenommen was uns ungemein geholfen hat die Wartezeit auf unser Getriebe zu überbrücken.

 

Als Freitags das Getriebe immer noch nicht da war, und an Wochenenden keine Pakete kommen, hielten wir es nicht mehr aus länger zu warten und beschlossen, für Montag morgen einen Termin zum Aufmasten zu vereinbaren. Wir bereiteten über das Wochenende mit der Hilfe von George bei knapp 40 Grad den Mast zum stellen vor und hatten ihn nach kleineren Anpassungen und Provisorien Montags pünktlich fertig zum stellen. Da wir manövrierunfähig waren haben wir uns mit einem Boot zur Kaimauer schleppen lassen und den Mast gestellt. Von nun an waren wir ein Segelboot. Die Wartezeit auf das Getriebe haben wir genutzt um jede Menge Arbeiten im und am Boot durchzuführen. Die meisten hätten Nadja und ich ohne die 100 Jahre Segelerfahrung von George, Karl-Heinz und Peter niemals erledigt bekommen.

 

Der Tag der Tage kam und auf einmal war bei meinem täglich Besuch in der Capitainerie ein Paket mit unserem Getriebe vorhanden. Voller Freude und nach einem Glas Champanger von George verabredete ich für den nächsten Morgen 08:00 Uhr einen Termin mit Jean-Noel. Dieser kam pünktlich wie vereinbart und wechselte das Getriebe mit allen dazugehörigen Arbeiten innerhalb von einer Stunde! (Im Kostenvoranschlag des Marineservice im Hafen waren 15 Stunden veranschlagt!!)

 

Wir sind überglücklich und können es kaum erwarten bis der zur Zeit mit 40 Knoten blasende Mistral abschwächt und wir zum ersten Mal mit unserem neuen Zuhause segeln können.

 

Peter hat uns als gesagt, dass die Nacht am dunkelsten ist bevor es hell wird. Das können wir nun aus eigener Erfahrung bestätigen. Zwischenzeitlich lagen unsere Nerven blank und wir haben angefangen uns auszumalen, wie lange wir für diese Kosten mit einem Rucksack durch Asien hätten reisen können. Alle Zusprüche, so gut sie auch gemeint waren, konnten uns überhaupt nicht helfen.

 

Ganz besonders möchten wir uns bei den Unterstützer bedanken, ohne die wir weder einen Mast auf dem Boot noch ein Getriebe verbaut hätten und zwischendurch das ein oder andere mal die notwendige Ablenkung gefunden haben ;-)

 

Also ganz besondere Dank an George - Karl-Heinz - Peter - Jean-Noel - Markus & Nicole

 

Morgen früh werden wir nach zwei anstrengenden Wochen endlich den Hafen von Port Napoleon verlassen und die Inseln vor der französischen Küste besegeln.