22 Los Roques

Los Roques

Inselparadies vor der Küste von Venezuela

 

Viva la Los Roques

29.06 - 16.07.2017

Mit dem ersten Wetterfenster nach dem Sturm Bret sind wir von Grenada aus nach Los Roques aufgebrochen. Die Strömung sowie der Wind haben uns unaufhaltbar in Richtung Westen gedrückt und so kam es, dass wir mitten in der Nacht in Los Roques ankamen.

 

Es war eine sehr dunkle Nacht. Kein Mond am Himmel und der klarste Sternenhimmel den wir je gesehen haben. Die Milchstraße leuchtete wie eine Autobahn in der Nacht.

 

Bevor wir das Land und die Riffe ausmachen konnten haben wir den Strand gerochen. Während der Riffeinfahrt war ich super angespannt, da unsere Seekarten nicht akkurat waren und wir quasi blind durch das Riff navigierten. Laut unserer Seekarte sollte es neun Meter tief sein - doch unser nostalgischer Tiefenmesser zeigte uns nur zwei Meter an. Als wir schließlich etwas von Wind und Wellen geschützt waren haben wir einfach in dem seichten Wasser einen großen Kreis abgefahren um sicherzustellen, dass wir nirgends auflaufen können und dann blind geankert. Auf drei Metern Wassertiefe mit 40 Metern Kette - sicher ist sicher.

 

Noch bevor wir am nächsten Morgen die Augen öffneten hörten wir unsere Freunde von der Lady Sunshine über Funk rufen. Man merkt, dass dort Kinder an Bord sind. Wir kennen sonst keine Segler die nach über einem Jahr auf Reise immer noch morgens, spätestens ab sieben Uhr, wach sind.

 

Über Funk lotzte Ben uns in die Lagune von Francisquis. Das war dann der Punkt an dem wir beschlossen, die Seekarten für die nächste Zeit zur Seite zu legen und nur noch auf Sicht zu navigieren.

 

In der Bucht lagen auch unsere Freunde von der Gaia, welche uns gleich bei der ersten Challegenge halfen. Einklarieren war unsere heutige Tagesaufgabe.

 

Zusammen mit Dave bin ich die ca. zwei Meilen zu der Hauptinsel Grand Roques mit dem Dinghy gefahren. Dort angekommen ging es erstmal zur Coast Guard. Ich habe mich dort ganz gemütlich in die Ecke gesetzt und gewartet, bis Dave alles auf spanisch geregelt hat. Englisch spricht hier so gut wie niemand, von daher empfiehlt es sich seine Spanischkenntnisse ordentlich aufzubessern oder einen Helfer mitzunehmen.

 

Nach der Coast Guard ging es nun weiter zur Immigration und zum Park Office. Die nächste Herausforderung bestand darin die Gebühren in der einheimischen Währung zu bezahlen. Eine Bank gibt es auf Los Roques nicht und wenn man mit der Karte Geld am Automaten abhebt, verliert man enorm viel. Es muss also auf dem Schwarzmarkt Geld getauscht werden.

 

Wir klapperte die meisten Restaurants ab und können dort überall ca. 50 $ in Bolivar tauschen, bis wir genug zusammen bekamen. Wir waren froh, dass wir einen Rucksack dabei hatten, denn anders hätten wir das ganze Geld gar nicht verstauen können. Für einen US Dollar haben wir 6.000 Bolivar erhalten. Teilweise in 50er Noten. Wir haben also das Geld wirklich in Plastiktüten erhalten und damit dann unsere Gebühren gezahlt.

 

Nach der ganzen Einklarierungsgeschichte sind wir wieder zurück nach Francisquis gefahren.

 

Am Strand war ein kleines Restaurant welches MIttags die Tagesgäste bediente. Gemeinsam mit der Lady Sunshine haben wir dort gegessen und super leckere Mojitos genossen. Wenn man umgerechnet nur etwas mehr als einen Euro für einen Cocktail bezahlt schmeckt der umso besser ;-).

 

Die Ankerbucht war für uns sozusagen die perfekte Bucht. Absolut idylisch und ruhig, das Wasser war klar, man konnte an den Riffen wunderbar schnorcheln und Abends fischen gehen.

 

Zusammen mit Ben und einem Sixpack im Dinghy haben wir uns Nachmittags zum Fischen aufgemacht. Es hat keine fünf Minuten gedauert bis wir den ersten Snapper am Haken hatten. Die Fische beißen hier im Minutentakt und ab und zu hatten wir auch einen ordentlich kämpfenden Horse-eye jack am Haken.

 

Abends waren wir bei Willy, einem Einheimischen, mit dem die Lady Sunshine schon befreundet war, und haben eine Barbecueparty veranstaltet. Leider ist uns beim filetieren der größeren Fische aufgefallen, dass diese von kleinen, madengroßen Würmern befallen waren. Hierbei handelt es sich um einen Parasit der meistens im Schwanzbereich der Fische auftritt und so von Fisch zu Fisch wandert, sobald ein noch größerer Räuber dem befallen Fisch den Schwanz abbeißt.

 

Trotz dem Wissen, dass die Würmer absolut ungefährlich sind, haben wir den Fisch doch lieber den Einheimischen überlassen und uns mit den Snappern begnügt.

 

Am nächsten Morgen kam ein kleines Ausflugsboot mit drei Uniformierten bei der Gaia vorbei. Ich bin daraufhin kurz mit dem Dinghy rübergefahren um die Lage zu checken. Leider wurde die Gaia Opfer eines abgekarteten Spiels. Als ich den Braten gerochen habe bin ich ins Dinghy, habe Nadja abgeholt, die Manado abgeschlossen, sind zum Restaurant gefahren und haben gewartet, bis die Uniformierten wieder weg waren.

 

Als Dave mit der Crew ins Restaurant kam konnte man das Blut in seinen Venen kochen sehen. Die Soldaten hatten eine „Inspektion“ durchgeführt und dabei Drogen im Boot plaziert, welche sie dann „gefunden“ hatten. Dave sollte 300 US Dollar zahlen, damit ihm das Gefängnis erspart bleibt.

 

Wir haben nach der Aktion ca. zwei Stunden lang erfolglos versucht, ihn zu beruhigen. Danach ist er mit seiner Crew nach Grand Roques gefahren um den Kommandanten zu sprechen. Die drei Soldaten waren auch auf der Wachstelle und super aggresiv, ihn dort zu sehen. Dave berichtete dem Kommandant was geschehen war und es gab beinahe eine Schlägerei inmitten der Militärtstation. Die Soldaten stritten ab, je auf dem Boot gewesen zu sein. Doch zu deren Nachteil hatte Dave ein Video von ihnen gemacht und konnte sie somit identifizieren. Am nächsten Tag wurden die drei Idioten in die Hauptstadt nach Caracas geflogen, um ihre langjährige Gefängnisstrafe anzutreten. Die halbe Insel hat sich mehrfach für den Vorfall entschuldigt und gebeten, es nicht auf die goldene Wage zu legen. Am nächsten Tag hat Dave dann 200 Liter Diesel von der Coast Guard als „Entschuldigung“ erhalten - das Geld war jedoch trotzdem weg.

 

Wir hatten von nun an gemischte Gefühle und haben den Ankerplatz vorerst gewechselt. Am nächsten Morgen sind wir ins Außenriff gefahren. Dort waren wir ganz alleine und haben auf 12 Metern direkt am Riff geankert. Das Riff war voller Leben und es gab mehr Fische als wir jemals gezählt hatten.

 

Obwohl wir mitten im Nirgendwo waren kam auf einmal ein kleines Boot mit vier Parkrangern zur Gaia und wollten wieder eine Inspektion durchführen. Diesmal hat Dave keinen von ihnen auf´s Boot gelassen und gesagt, sie sollen erst den Kommandante anrufen. Wenn dieser ihm die Inspektion bestätigt, kann sie auch durchgeführt werden, andernfalls können sie gleich wieder fahren. Es gab daraufhin keine Diskussion mehr und die Parkranger sind weitergefahren. Also sollte einer von Euch mal nach Los Roques segeln, unter keinen Umständen einen auf´s Boot lassen und immer nach einem Dolmetscher fragen ;).

 

Vom Außenriff sind wir nochmal nach Francisquis gefahren um zusammen mit der Lady Sunshine und der Gaia im Konvoi den Rest von dem wunderschönen Archipel zu erkunden. Gemeinsam sind wir weiter nach Crasqui gesegelt. In drei Meter tiefem Wasser und perfektem Ankergrund hatten wir festgemacht. Auf einmal gab es, gerade beim Ankermanöver, einen wahnsinnig lauten Schlag!

 

Die Ankerwinsch ist uns aus dem Deck herausgerissen. Im ersten Moment wusste ich gar nicht wie mir geschieht und war nur glücklich, dass Nadja nicht von dem schweren Teil erschlagen wurde.

 

Von nun an hatten wir eine zusätzliche Windöffnung in unserer Schlafzimmerluke. Bei genauerem Betrachten haben wir festgestellt, dass die Verbindung zwischen der aus Aluminium gefertigten Winsch und unserem Stahldeck nicht ausreichend war, was zu enormer Korrision geführt hat. Die Schrauben in der Winsch waren gebrochen, der Aluguß samt den darin enthaltenen Gewinden aus meiner Sicht nicht mehr zu gebrauchen und unser Stahldeck war auch aufgerissen.

 

Wenigstens war der Ankerplatz schön und der Anker gut im Sand.

 

Als wir uns damit abefunden hatten, jede Menge Geld für eine Reparatur auf den ABC Inseln zu verbrennen, kam unsere Rettung von der Lady Sunshine vorbei. Für Ben ist alles kein Problem.

 

Innerhalb von vier Tagen hat Ben alles geregelt und unsere Winsch ist nun stärker als zuvor. Dabei wurde die komplette Innenverkleidung unseres Schlafzimmers demontiert, die elektronische Verbindung der Winsch getrennt, das Deck abgeflext und begradigt, ein Holzrahmen angefertigt, ein Gestell aus Holz und Epoxyd angefertigt, größere Gewinde in den Alugußblock gedreht, V4A Gewindebolzen zurechtgeschnitten, geprimt, gestrichen und montiert. Für uns selbst wäre eine solche Reparatur nicht möglich gewesen und wir möchten uns hier nochmal von ganzem Herzem bei der kompletten Lady Sunshine Crew bedanken - die nächste Runde geht somit wieder auf uns ;).

 

Abends waren wir alle zu einer Beachparty verabredet. Am späten Nachmittag war ich fischen, die Mädels haben Salate vorbereitet es wurde Holz gesammelt. Abends hatten wir eine grandiose Party. Ben und Steffi haben unseren kolumbianischen Freunden mal beigebracht, wie man ein klassisches deutsches Stockbrot zubereitet.

 

Von Crasqui aus ging es weiter nach Carenero. Einer geschützten Lagune mit einem sehr schönem Riff. Dort waren wir auch wieder fischen, schnorcheln und haben uns von einem Einheimischen ein Lobsterbarbecue für 4 € pro Person zubereiten lassen.

 

Über Telefon haben wir eine Tauchbasis auf der Hauptinsel erreicht, welche uns am nächsten Tag zu einem Tauchausflug mitnahm. An der abgelegen Südseite des Archipels waren wir in kleinen Höhlen tauchen und begeistert von den gesunden Riffstrukturen in Venezuela. Wesentlich schöner und artenreicher als in der Ostkaribik. Nachdem wir auch diesen Ankerplatz auswendig kannten sind wir weiter nach Cayo de Agua gesegelt.

 

Die Einfahrt hier ist nicht einfach, da überall einzelne Korallenköpfe bis zur Wasseroberfläche herausschauen. Als wir unseren Weg zum Ankerplatz gemeistert hatten wurden wir von unbeschreiblich schönem Wasser und traumhaften Riffen belohnt. Es scheint, als seien wir die einzigen Segelboote in ganz Los Roques. Bis auf Francisqui waren wir an allen Ankerplätzen alleine.

 

In Cayo de Agua gibt es eine Sandbank nach Westcay, welche je nach Wasserstand komplett unter Wasser steht. Dies ist definitiv ein Highlight unserer bisherigen Reise.

 

Beim Schnorcheln sind Dave und ich auf eine Höhle in ca. acht Metern gestoßen, welche voll mit den invasiven Lionfischen war. Wir haben darauf kurz das Riff von den unwillkommen Gästen gereinigt und Abends ein Lionfischbarbecue auf der Gaia gezaubert. Wenn man weiß wie man die giften Stacheln entfernt ist es ein echt leckerer Speisefisch.

 

So langsam aber sicher gehen uns die frischen Lebensmittel sowie Getränke aus und die Essensqualität leidet. Seitdem wir auf Los Roques sind ernähren wir uns überwiegend aus dem Meer. Sei es Lobster, Snapper, Barracuda oder Lionfish. Obwohl wir hier im Seglerparadis sind werden wir das wunderschöne Archipel in den nächsten Tagen verlassen und uns auf eine Pizza in Bonaire vorbereiten.