17 Antigua

Antigua & Co.

Mayreu - Petit Tabac - Canouan - English Harbour

 

Einsame Inseln, ein verlassenes Schiff und tägliche Behördengänge

Nachdem zwei Wochen mit unseren Gästen vorüber waren haben wir Union Island verlassen und wollten die kleine private Insel Palm Island besuchen. Leider hat der Schwell ein gemütliches Ankern verhindert, sodass wir direkt weiter nach Mayreau in die Saline Bay motort sind.

 

Die Bucht hat einen herrlichen Strand, perfekten Ankergrund und ermöglicht entspanntes Ankern, so wie man es sich vorstellt. Überall am Strand sind im Schatten von Palmen Bänke und Tische sowie Barbecue Stationen für die Kreuzfahrtschiffe errichtet. Wir haben es uns bildlich vorgestellt wie der Strand aussieht, wenn ein mit bis zu 5.000 Passagieren beladenes Schiff hier das Lager aufstellt.

 

Der Wetter Forecast sah ungewöhnlich und gleichzeitig sehr gut für die nächsten Tage aus. Zum ersten Mal seit wir in der Karibik waren sollte der Wind unter 15 Knoten gehen und der Schwell im Atlantik auf unter 2 Meter.

 

Das wollten wir nutzen und zu der aus „Fluch der Karibik“ bekannten Insel Petit Tabac segeln. Das war die Insel auf der Jack Sparrow ausgesetzt wurde und die Kiste voll Rum ausgegraben hat. Nach 16 misslungen Bohrungen können wir Euch nun versichern, dass dort leider kein Rum mehr ist, dafür aber umso bessere Korallenriffe.

 

Trotz unserem Tiefgang von nur rund einem Meter ist Ankern nicht so einfach. Die Seekarten beziffern die Tiefe in der Lagune mit 60 Zentimetern, weshalb wir erstmal außerhalb ankerten, das Riff mit Schnorchel erkundeten und danach erst mit der Manado in die Lagune fuhren.

 

Als der Anker fiel hatten wir die Insel für uns ganz alleine. Leider haben andere Schiffe den Mast in der Lagune bemerkt und auch versucht dort zu ankern. Das erste Schiff hat das Riff ordentlich erwischt und ein Trimaran sowie ein Katamaran hatten es später noch geschafft hinter uns den Anker fallen zu lassen.

 

An der äußeren Riffkante sowie innerhalb der Laguna hat man erstklassige Schnorchelspots. Wir haben den bisher größten Barracuda unserer Reise gesehen sowie einen Mondfisch. Die Lagune ist zudem voll von Lobster und allen möglichen Rifffischen.

 

Als wir so ziemliche jede Palme der Insel kannten haben wir uns auf nach Canouan gemacht mit dem Ziel, in der Lagune auf der Ostseite zu ankern. Dieser Teil der Insel ist privat und beherbergt den Golfplatz von Donald Trump sowie Villen der Extraklasse.

 

Wir haben uns einen Weg durch das Riff erkämpft und konnten danach in dem wahrscheinlich größten Pool der Welt auf zwei Metern Wasser Tiefe den Anker fallen lassen. Noch nie hatten wir so viel Platz nur für uns.

 

Circa eine Stunde nach Ankunft kam ein Schlauchboot mit einem freundlichen Security Guard zu unserem Boot gefahren der uns gebeten hat die Bucht zu verlassen, da diese privat sei. Wir erklärten dem jungen Mann dann, dass die Bucht möglicherweise privat sei, jedoch nicht die Gewässer und wir deshalb doch gerne bleiben würden. Als das Schlauchboot dann wieder wegfuhr funkten wir vorsichtshalber die Küstenwache mal an und fragten nach Erlaubnis, die Nacht in der Bucht zu verbringen. Diese sagte, dass Sie von dem größten Hügel der Insel unsere Yacht gut erkennen würde und erteilte uns Erlaubnis zu übernachten, wir dürften jedoch nicht das Land betreten.

 

Damit waren wir einverstanden und Nadja fing an kleine Pizzabrötchen zu backen. Wir nutzen unsere Drohne um die Umgebung zu erkunden und genossen die Bucht in vollen Zügen.

 

Spätnachmittags kam das Schlauchboot erneut zu Besuch. Diesmal mit zwei Security und einem jungen uniformten Mann. Ich war gerade nackig ein paar Bahnen ums Boot ziehen als das Schiff ankam und der Mann in der Uniform nach Erlaubnis fragte unser Schiff zu betreten. Da ich zurzeit unbekleidet im Wasser war fragte ich nach Erlaubnis etwas anzuziehen und im Gegenzug dürfe er das Schiff betreten.

 

Als ich dann angezogen an Deck war kam der Beamte herüber und verlor beim auf Deckspringen seine Pistole samt Halfter, welche ich noch kurz vor dem Sturz im Salzwasser auffangen konnte. Da stand ich nun an Deck, diesmal war ich derjenige, der die Waffe in der Hand hielt. Nach ein paar Sekunden des Schweigens und genießen der mir gerade erteilten Macht händigte ich dann die Pistole wieder aus und der junge Mann war sichtlich erleichtert, dass die Waffe nicht im Salzwasser landete. An Bord musste ich sämtliche Fragen beantworten. Haben Sie einen Grauwassertank, habe Sie Schwimmwesten, haben Sie ein Funkgerät usw. Ich habe Ihm dann erklärt, dass wir mit dem Schiff aus Europa kommen und wir alle sicherheitsrelevanten Gegenstände an Bord haben.

 

Dann wurde uns erklärt, dass wir hier doch nicht ankern dürfen und die Bucht bitte verlassen sollten. Wir hatten ihm daraufhin erklärt, dass wir die Freigabe von der Coast Guard haben und deshalb hier sind. Da wir keine weitere Lust auf Diskussionen hatten und auch nicht unwillkommen irgendwo bleiben wollten haben wir uns breitschlagen lassen die Bucht zu verlassen. Wir sind uns zu 100 % sicher, dass das Resort einen Mitarbeiter der Coast Guard geschmiert hat mit auf das Security Boot des Resort zu kommen und vor Anker liegende Yachten einzuschüchtern die Bucht zu verlassen.

 

Nach Canouan haben wir nochmal in Bequia gehalten um unsere Freunde von der „Element“ zu besuchen und dann weiter in einem Schlag nach Norden mit dem Ziel Antigua aufzubrechen.

 

Normalerweise hat man zu dieser Jahreszeit einen ständigen Nordostpassat in der Karibik welcher das nach Norden segeln erschwert. Durch ein riesiges Tiefdruckgebiet hatten wir jedoch für fünf Tage einen Südwestwind, welchen wir nutzten um Strecke nach Norden zu gewinnen. Für diese 250 Meilen haben wir die direkte Route gewählt, welche 30 Meilen westlich zu den anderen Inseln der Ostkaribik liegt.

 

Bei ordentlichem Wind haben wir Bequia verlassen und sind mit der Windsteuerung und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5,7 Knoten auf direktem Weg Richtung Antigua gesegelt. Am ersten Abend haben wir kurz nach Sonnenuntergang 30 Meilen westlich von Saint Lucia und 200 Meilen südlich von Antigua ein Fischerboot herrenlos in den Wellen treiben sehen. Nadja meinte, lass uns einfach weitersegeln, die sind wahrscheinlich an einer Mooringboje oder tauchen. Als wir das wegen den 2.000 Metern Tiefe ausgeschlossen hatten haben wir die Segel geborgen und uns dem treibenden Objekt unter Motor genähert. Bei genauerem schauen haben wir gesehen, dass der Motor geliftet war und kein Tank im Boot. Es muss also weggetrieben sein oder sich von einer Boje gelöst haben. Nachdem wir via Funk die Küstenwache nicht erreicht hatten beschlossen wir, das Boot abzuschleppen bevor es noch von einer Yacht gerammt wird.

 

Der Plan war, auf der Luvseite neben dem Boot zu stehen und das Boot mit einem sehr langen Seil an unser Schiff zu binden. Es wäre klüger gewesen einfach ins Wasser zu springen und dann das Seil zu befestigen, aber nach Sonnenuntergang, soweit weg von der Küste und bei dem Wellengang, wollte das keiner von uns so wirklich machen.

 

Als wir dann direkt neben dem Boot waren ist der Worst Case eingetreten.

 

Unter dem Boot war noch eine Leine, die nun in unserem Propeller war, unseren Motor gestoppt hat und das fremde Boot in der Atlantikdünnung im Sekundentakt gegen unser Boot geschlagen hat.

 

Wir haben richtig gemerkt wir an der Manado der Lack abgeplatzt ist und unsere Scheuerleiste gelitten hat.

 

Mit der Taucherbrille und einem Messer bewaffnet bin ich dann ins Wasser gesprungen um das Seil unter Wasser zu kappen. Allerdings war ein riesiger Fischschwarm unter unserem Schiff und ich hatte zum ersten Mal so viel Adrenalin oder Panik, dass ich nicht die Luft anhalten konnte um zu tauchen und das Seil zu kappen. Selbst beim Freitauchen mit Haien oder Nachttauchen hatte ich niemals auch nur annähernd so viel Adrenalin verspürt. Das war wohl der Überraschungseffekt des Fischschwarms.

 

Das kappen des Seil hat sich als nicht so einfach herausgestellt, da unser Schiff in der Altantikwelle hoch und heruntergeschlagen wurde und ich immer wieder vor der Badeleiter in Deckung gehen musste. Als das Seil gekappt war hatte das Boot aufgehört gegen unseres zu schlagen, aber wir hatten noch die komplette Welle mit Tau umwickelt. Es war mittlerweile dunkel und Nadja hat mir die Unterwassertaschenlampe gebracht welche ich aber wegen den Jägern unter mir nicht benutzen wollte.

 

Als alles Seil aus dem Antrieb war und ich wieder an Deck haben wir bemerkt, dass mein Arm, meine Hände sowie der größte Teil meines Rückens von den an unserem Rumpf wachsenden Muscheln aufgeschlitzt wurde. Unter Wasser habe ich nichts gespürt, aber als der Adrenalinpegel sich wieder beruhigt hatte, brannte es wie die Hölle. Zum ersten Mal mussten wir an die Bordapotheke und Nadja hat es genossen mich großflächig mit Desinfektionsmittel zu besprühen. Der Ehrgeiz hatte nicht nachgelassen und wir sind nochmal an das Boot gefahren und schafften es dann auch ohne weitere Aktionen, anzubinden.

 

Die nächsten 200 Meilen konnten wir es ohne weitere Zwischenfälle bis nach Antigua ziehen.

 

Nachdem wir in English Harbour den Anker fallen ließen sind wir am nächsten Morgen zum einklarieren gegangen und haben den Fund entsprechend gemeldet. Damit haben wir eine Lawine bei den Behörden ausgelöst und mussten zur Coast Guard und noch weiteren anderen Ämtern.

 

Da wir bei der Bergungsaktion Schäden an unserer Manado erlitten hatten wollten wir eine Entschädigung und haben uns bei den Behörden informiert wie dies vor sich gehen sollte. Der Chef vom Zoll meinte, dass die Küstenwache eine Untersuchung starte und falls der Finder auffindbar ist, er uns einen Bergungslohn zahlen muss. Meldet sich niemand, dürfen wir das Schiff behalten.

 

Am nächsten Tag kam der Zoll sowie die Küstenwache zu unserem Schiff um das verlassene Boot zu inspizieren und die verschlossenen Luken zu öffnen. Auf dem Schiff war keine Registrierung sowie sonstige Identifizierungsmerkmale. Die Küstenwache sowie der Zoll sind davon ausgegangen dass es sich um ein Schmugglerboot handelte, welches absichtlich samt 48 PS Yamaha Motor im Meer zurückgelassen wurde.

 

Die Küstenwache fragte uns, ob wir das Boot zu Ihrem Steg fahren und während der Untersuchung dort liegen lassen könnten. Ich fuhr das Boot zum Steg und fragte dann nach einem Dokument oder Report, dass ich das Boot abgegeben hatte. Keiner wollte oder konnte mir jedoch etwas ausstellen.

 

Jeden Morgen habe ich mich nach dem aktuellem Stand erkundigt, aber keiner wusste eine Antwort. Wenigstens hatten wir etwas Abwechslung und konnten zusehen, wie zwei Amerikaner mit einem Ruderboot nach knapp 80 Tagen auf See vollkommen abgemagert in Antigua nach Ihrer Atlantiküberquerung ankamen. Eine Woche später ist auch noch ein Südafrikaner angekommen, welcher von Marokko aus die 4.000 Meilen auf einem Stand up Paddleboard zurückgelegt hatte.

 

Zurück im Behördenwahnsinn hat mich der Chef von der Zollstelle nach 10 Tagen informiert, dass die Suche erfolglos war und wir das Schiff verkaufen können. Er hatte mehrere Interessenten für das Motorboot und teilte uns mit, dass der Verkaufswert bei ca. 6.000 US Dollar läge. Wir antworteten daraufhin, dass wir es für 4.000 US verkaufen würden, dafür aber einen schnellen und unkomplizierten Verkauf bevorzugen würden.

 

Am selben Tag noch kam ein Käufer mit entsprechend viel Bargeld und wollte den Deal abwickeln. Wir baten dann noch den Zoll Chef um einen Kaufvertrag und schickten diesen per Email direkt an die offizielle Zollmailadresse.

 

Dort ausgedruckt, von allen Beteiligten unterschrieben, nahmen wir das Geld entgegen und segelten am selben Tag weiter nach Jolly Harbour, um unsere Freund von der „Lady Sunshine“ zu besuchen.

 

Vor Anker hatte sich das Wetter leider verschlechtert und ein Starkwindsystem ist über die Insel gezogen. Wir hatten durchgehend 30 Knoten vor Anker und manchmal sogar über 50 Knoten in den Böen. Soviel hatten wir noch nie und unsere Rückdämpfer der Ankerkette samt 20 mm Festmacher haben nicht Stand gehalten und sind gerissen. Alle Yachten waren mit Ihren Ankern beschäftigt und haben versucht, den Druck auf Ankerwinschen, Klampen und Co zu verringern. Unsere Lösung war im Endeffekt der 25 kg Delta Anker, 40 Meter Kette, nach 25 Metern ein 16 kg Reitgewicht und zwei 16 mm Leinen als Hahnepot, um die Kette auf zwei Klampen zu entlasten.

 

Murphy war noch nicht befriedigt und so mussten wir auch noch feststellen, dass unser Außenborder nun endgültig tod war und der Zylinder nicht mehr genügend Kompression hatte. Unsere Freunde von der Lady Sunshine fuhren uns dankenswerter Weise bei entsprechend Wind zum Ufer um auszuklarieren, wobei wir alle klitschnass wurden.

 

Als wir im Zollamt unseren Bootsnamen genannt hatten wurden unsere Reisepässe einkassiert. Ich musste mich enorm zusammenreisen um nicht laut zu werden und hatte kurze Zeit später wieder den Chef vom Zoll am Telefon.

 

Dieser entschuldigte sich bei mir und meinte, dass der Verkauf des Bootes zu früh stattgefunden hat und er sich gerne mit mir treffen würde.

 

30 Minuten später stand ich vor einem kleinen Supermarkt, wo ich in einen Van einsteigen sollte in dem der Zoll Chef, der Käufer des Bootes sowie der Polizeichef saßen. Alle redeten auf mich ein und fragten mich danach die Transaktion Rückabzuwickeln. Als ich nicht einwilligte fing der Polizeichef mit irgendwelchen Drohungen an auf welche ich keine Lust hatte. Also teilte ich den Männern mit, dass die Diskussion in die falsche Richtung läuft und ich jetzt gehe.

 

Als ich ausgestiegen war habe ich die Botschaft für die karibischen Inseln in Trinidad angerufen. Die Botschaft empfahl mir die Insel zu verlassen und zu einer EU Insel zu segeln. Dort könnten wir ohne Ausklarierungsdokumente einklarieren und mit unseren Zweitpässen keine Probleme bekommen beim einklarieren. Innerhalb von zwei Tagen würden sie unsere Pässe besorgen, da diese von keinem Land der Welt ohne weiteres einbehalten werden dürfen. Sie sind Eigentum der BRD und werden nur an deren Einwohner ausgestellt.

 

Nadja wollte jedoch nicht ohne Pass die Insel verlassen und so rief ich das Amt für Auslandsangelegenheiten in Antigua an. Die versicherten mir, dass ich meine Pässe ohne Diskussion direkt erhalte, das Amt werde sofort beim Zoll anrufen und alles entsprechend in die Wege leiten.

 

Fünf Minuten später war die Diskussion mit den Beamten wesentlich entspannter. Der Zoll Chef erklärte mir, dass meine Pässe ja bereitliegen würden und der Polizeichef versicherte mir, dass er hier privat als Freund und nicht offiziell agiere. Trotz allem wollte ich, dass der Käufer sein Boot erhält und fragte, was ich noch dazu tun kann.

 

Eine Stunde später saß ich im Büro eines britischen Anwalts für Seerecht, der mir erstmal das komplette Salvage Right (Bergungsrecht) inkl. Eigentumsrechte und den Unterschied zwischen Treibgut und einer Bergung erklärte. Dieser Anwalt setzte uns ein Schreiben auf das dem Käufer eine Einzelvollmacht für die Übernahme des von mir geborgenen Schiffes erteilte sowie alle Rechte und Pflichten daran. Des Weiteren war in dem Schreiben sichergestellt, dass, falls das Boot an dem Steg der Küstenwache verloren geht, diese für den Schaden aufzukommen hat. Das Schreiben musste dann an Küstenwache, Zoll, Immigration sowie das Amt für Auslandsangelegenheiten übermittelt werden und der Käufer musste es persönlich abholen.

 

Danach waren wir etwas erleichtert, checkten direkt aus und gingen mit anderen Freunden welche wir schon seit Barbados nicht mehr gesehen hatten, zu einer Beachparty.

 

Am nächsten Morgen sind wir nicht gerade bei besten Bedingungen direkt nach Saint Martin aufgebrochen um einen neuen Außenborder zu kaufen.

 

Wir finden es sehr Schade, dass wir nicht mehr von Antigua und Barbuda erkunden konnten, außer Büros, wollten aber lieber außer Reichweite der ortsansässigen Behörden unsere Reise fortführen.